„Hamburg ist in meinen Augen eine großartige Sportstadt“

Seit ihrer Kindheit ist Mareike Miller begeisterte Basketballspielerin. Nach vier Kreuzbandrissen in ihrer Jugend schien der Traum vom Leistungssport zunächst geplatzt – bis sie mit 18 Jahren mit dem Rollstuhlbasketball begann. Inzwischen ist die Wahl-Hamburgerin mit der deutschen Nationalmannschaft Vize-Weltmeisterin und Europameisterin geworden und holte 2012 bei den Spielen in London Paralympisches Gold. Im Interview spricht sie über den Leistungssport, die Sportstadt Hamburg und die Faszination Olympischer und Paralympischer Spiele.

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Hallo Mareike, du bist seit deiner Kindheit leidenschaftliche Basketballspielerin. Nach vier Kreuzbandrissen in kürzester Zeit hast du mit 18 Jahren mit Rollstuhlbasketball begonnen. Seitdem bist du u.a. als Kapitänin der deutschen Nationalmannschaft auf internationalem Level erfolgreich. Wie war für dich damals der Start mit dem Para-Sport und welche Bedeutung hat er für dich gewonnen?

Als ich mit dem Para-Sport begonnen habe, hatte ich mich schon eine Weile darin versucht „nur noch Trainerin“ zu sein. Mit 18 Jahren, nach drei intensiven Jahren der Reha und bereits etwa 10 Jahren intensivem Jugend- und Leistungssport, wollte ich jedoch auch selbst weiter aktiv sein. Der Rollstuhlbasketball hat mir diese Möglichkeit eröffnet. Die Sportart bietet mir die Chance, mit geschützten Kniegelenken wieder so richtig Leistungssport zu treiben mit allem, was dazu gehört. Dass mir dieser Sport dann auch noch ermöglicht hat, viele weitere Sportler und Sportlerinnen in Deutschland, aber auch rund um die Welt, kennenzulernen, mein Studium in den USA zu absolvieren und mich bis hin zu den Paralympischen Spielen auf höchstem Niveau zu messen, hat für viele erfüllende Momente und über lange Zeit für einen großartigen Lebensmittelpunkt und viel Erfüllung gesorgt.

Du hast in London 2012 Gold gewonnen, 2016 in Rio Silber, 2021 in Tokio warst du gemeinsam mit Michael Teuber Fahnenträgerin der deutschen Mannschaft. Was macht die Paralympics so besonders verglichen mit einer WM oder EM? Würdest du dir ein solches Event auch wieder in Deutschland wünschen?

Die Paralympischen Spiele sind im Vergleich zu den anderen internationalen Wettbewerben durch die Kombination mit anderen Sportarten viel größer, sowohl was die Wettkämpfe anbetrifft, aber auch alles, was dazu gehört: Zuschauerinteresse, mediale Reichweite, Eröffnungs- und Abschlusszeremonie. Die Spiele haben insofern durch das „Drumherum“, durch die Begegnungen mit vielen Sportlerinnen und Sportlern und natürlich den weltweit stärksten Wettbewerb eine ganz besondere Atmosphäre und sind eine besondere sportliche Herausforderung. Diese Kulisse und Bühne für unseren Sport ist einzigartig und bringt daher für uns auch ganz besonders emotionale Momente mit sich.

Diese Bühne, diese Aufmerksamkeit, aber auch Erreichbarkeit unmittelbar nach Deutschland oder etwa in meine Heimatstadt Hamburg zu holen und damit hoffentlich auch die Begeisterung und Stellenwert des Sports zu verbessern, wäre für mich insofern immer ein Wunsch.

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2032 läuft die aktuelle Vereinbarung zwischen IOC und IPC aus. Womöglich ergeben sich für 2036 ganz neue Möglichkeiten, Olympische und Paralympische Spiele zu verzahnen. Kannst du dir vorstellen, dass die Paralympischen Spiele parallel zu den Olympischen Spielen stattfinden?  

Ich denke, es ist immer gut, solche Überlegungen wirklich im Detail zu durchleuchten. Ob und inwiefern davon alle Beteiligten profitieren könnten, erscheint mir allerdings zweifelhaft. Meiner Meinung nach sind die Olympischen Spiele schon sehr groß. Den Zeitraum zu verlängern oder Sportarten für den Paralympischen Sport zu streichen, erscheint mir wenig sinnvoll. Zudem sehe ich die Gefahr, dass bei einer solchen Vermischung der Events, der Paralympische Sport nach aktuellem Stand doch eher in den Hintergrund rückt. Wir sehen ja auch jetzt schon, dass es immer wieder Diskussionen gibt, welche Sportarten wirklich z.B. für entsprechende Einschaltquoten sorgen. Solange wir aber noch nicht die regelmäßige Berichterstattung wie aus den Olympischen Sportarten in irgendeiner Paralympischen Sportart hatten, konnten gar nicht so viele Menschen erreicht werden. Wir werden hier insofern bei der direkten Konkurrenz zum aktuellen Stand immer den Kürzeren ziehen.

Gleichzeitig würde ich mir allerdings wünschen, dass wir auch in diesem Bereich natürlich bis 2036 da nochmal ganz anders analysieren können und es vielleicht auch eine Chance ist, wenn mit der neuen Vereinbarung wirklich sichergestellt wird, dass die 28 oder dann womöglich mehr Olympischen und Paralympischen Sportarten alle die gleiche Bühne bekommen.

Hamburg ist deine Wahlheimat. Warum kannst du dir gerade hier eine Co-Ausrichtung der Olympischen und Paralympischen Spiele vorstellen? Und wo müsste man womöglich noch nachbessern?   

Hamburg ist in meinen Augen eine großartige Sportstadt, die viele aktive und sportbegeisterte Bewohner und Bewohnerinnen hat. Die Förderung des Leistungssports, die vielen Sportstätten und die Begeisterung für den Sport erscheinen mir, neben der schönen Stadt einige wichtige Grundlagen für die Ausrichtung von Olympischen und Paralympischen Spielen zu sein. Gleichzeitig wissen wir natürlich alle aus vergangener Zeit, dass es wichtig ist, auch hier noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten, und vor allem ein überzeugendes, nachhaltiges Konzept zu entwerfen.

Du bist am kommenden Samstag zu Gast beim Hamburger Dialogforum anlässlich einer möglichen deutschen Olympiabewerbung, womöglich mit Hamburg als Co-Ausrichter. Was erhoffst du dir von der Veranstaltung?

Ich hoffe, dass die Veranstaltung gut besucht wird und auch viele Menschen teilnehmen, die der Ausrichtung kritisch gegenüber stehen. Nur so können wir die wertvollen Argumente austauschen und sicherstellen, dass alle wichtigen Punkte bei den weiteren Überlegungen einfließen. Zudem finde ich es als Sportlerin und Athletensprecherin einfach interessant, hierzu in den direkten Austausch zu kommen und freue mich über die Möglichkeit, das einen Tag lang zu tun.

Alle Infos zum Dialogforum in Hamburg findest du hier.