5 Ringe – 5 Fragen: Interview mit Stefan Wagner, dem 1. Vorstand des Vereins Sports for Future, zum Thema nachhaltige Spiele

Hallo Herr Wagner, Sie sind 1. Vorstand des Vereins Sports for Future. Seit wann gibt es den Verein und was sind die Ziele?

Unseren Verein Sports For Future gibt es seit 2019. Wir haben uns im Zuge der „For Future“-Bewegung gebildet, die zu dieser Zeit entstanden ist. Denn wir sind überzeugt, dass der Sport in der gesamtgesellschaftlichen Debatte um die Klimakrise eine wichtige Rolle spielt. Deshalb wollen wir zum einen den Sport auf das Spielfeld bringen, zum anderen wollen wir Nachhaltigkeitsimpulse in den Sport geben. Unser Ziel ist es, den Sport als Plattform zu nutzen, um mehr Aufmerksamkeit und Sensibilität für die Klimakrise zu erzielen.

Wie bewerten Sie die Olympischen und Paralympischen Spiele der letzten Jahre in Bezug auf Klima- und Umweltschutz?

Ich fürchte, die Antwort ergibt sich von selbst. Denn bisher fanden die Olympischen und Paralympischen Spiele nicht unter ernsthafter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten statt. Natürlich gibt es hier und da lobenswerte Initiativen. Aber alles in allem wurde nur darüber nachgedacht, wie etwas ökologisch Schlechtes ein bisschen weniger schlecht stattfinden kann. Selbst das ist bei den letzten Austragungen offenbar nicht der Fall gewesen. Das wurde auch in einigen Studien, die kürzlich veröffentlicht wurden, nochmal bestätigt. Ich glaube, wir sind noch sehr, sehr weit von nachhaltigen Olympischen und Paralympischen Spielen entfernt.

Ist es überhaupt möglich, Olympische und Paralympische Spiele ökologisch nachhaltig durchzuführen?

Das muss es sein. Der Sport und die Olympischen Spiele sind im Grunde nichts anderes als ein Spiegelbild unseres gesellschaftlichen Lebens. Worin liegt der wesentliche ökologische Fußabdruck bei Olympischen Spielen? Es geht um Reisen, Bauen, Konsum und einige Dinge mehr. Und alle diese Bereiche müssen wir als Gesellschaft anders organisieren, wenn wir die Nachhaltigkeitsziele erfüllen wollen. Deshalb bin ich der Meinung, dass insbesondere internationale Sportgroßveranstaltungen wie die Olympischen Spiele hier nicht nur mitmachen, sondern Vorreiter sein müssen.

Wie können Olympische und Paralympische Spiele in Deutschland klimaschonend stattfinden?

Ich glaube, wir dürfen nicht über „klimaschonende Spiele“ sprechen, sondern müssen über klimapositive und über gesellschaftspositive Sportveranstaltungen reden. Unter dem Strich muss etwas Positives für die Gesellschaft bleiben, ohne zugleich wesentliche Schäden zu hinterlassen. Anderenfalls wird der Sport über kurz oder lang seine eigene Existenzberechtigung aufs Spiel setzen. Deshalb müssen wir über völlig andere Nachhaltigkeitsfragen sprechen.

Ich überspitze es anhand eines Beispiels: Wenn wir in einem Flugzeug sitzen und es dort Bambusbesteck gibt, dann hat das mit nachhaltigem Fliegen relativ wenig zu tun. Wir müssen das andersherum angehen. Das bedeutet, wir müssen uns fragen: Wie sieht eigentlich eine nachhaltige Sportveranstaltung aus, die alle 17 Nachhaltigkeitsziele erfüllt? Wie kommen wir dahin? Wie können wir Zukunftsimpulse über Sportveranstaltungen sichtbar machen und etablieren, sodass etwas davon bleibt?

Wenn man die Frage also vom Ende her denkt, dann können Olympische Spiele aufgrund der Wirtschafts- und Strahlkraft ein erheblicher und wichtiger Treiber für nachhaltige Entwicklungen vor Ort und darüber hinaus sein. Mir geht es nicht um eine einzelne Idee, sondern um die Herangehensweise und den Anspruch den ich als Veranstalter von Olympischen Spielen habe.

Sie sind am 10. August Teilnehmer des Fachtalks des DOSB zum Thema ökologische Nachhaltigkeit. Was sind Ihre Erwartungen an die Diskussion?

Ich erhoffe mir ein gemeinsames Verständnis darüber, welche der Rolle der Sport bei zukunftsweisenden Transformationen einnehmen kann. Ich glaube es macht keinen Sinn über Einzelmaßnahmen und ein Verkehrskonzept für Olympische Spiele, die in frühestens 13 Jahren stattfinden, zu diskutieren. Wir sollten über unseren grundsätzlichen Anspruch sprechen und die Rolle des Sports so für uns definieren, dass er Treiber einer nachhaltigen, einer gesellschaftspositiven Entwicklung ist. Und nicht nur versuchen, schlechte Dinge ein bisschen weniger schlecht zu machen.